Silvester der langen Wege

aus dem JA-Heft 1/2012

Momente der Begegnung

 

„Ein unvergessliches Erlebnis, so etwas Schönes habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht erlebt!“- so das Resümee einer Teilnehmerin des deutschtschechischen Jugendtreffens „Wege des Vertrauens in Deutschland und Tschechien“ von Junge Aktion und Spirála, das von 28.12.2011 bis 1.1.2012 in Berlin stattgefunden hat.

Tatsachlich waren die Tage nicht nur mit einem interessanten Programm gefüllt, sondern auch von Freude, guter Laune und einem Klima des Vertrauens und der Offenheit erfüllt. Rund 35 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Deutschland und Tschechien hatten sich in Berlin versammelt.

 

Die Einführung und die Kennlernspiele am Mittwoch, den 28.12. boten Gelegenheit, das Thema, dem wir uns gemeinsam zu nahern versuchten, sowie sich gegenseitig besser kennen zu lernen. Am zweiten Tag beschäftigten wir uns intensiv mit dem Aspekt „Vertrauen und Misst rauen in der deutschtschechischen Geschichte“. Dazu waren Helmut Ulbricht und seine Tochter Martina Ulbricht, Mitglieder der Ackermann-Gemeinde aus Berlin, als Referenten eingeladen. Sie brachten uns ihre persönliche Sicht auf das deutsch-tschechische Verhältnis und ihr eigenes Erleben der deutsch-tschechischen Beziehungen vor dem 2. Weltkrieg sowie im sozialistischen und postsozialistischen System nahe. Sie äußerten ihre Freunde darüber, dass heute Begegnungen von jungen Menschen aus den beiden Ländern problemlos und ohne Beschrankungen möglich seien, aber sie bedauerten auch, dass einige Projekte ins Stocken geraten seien, wie z.B. eine Neuauflage des internationalen Gebetsbuches "Lobet Den Herrn Alle Volker!".

Eine weitere spannende Einheit gestaltete Sandra Steinert, Bundesgeschaftsfuhrerin der Jungen Aktion. Sie berichtete von den Entwicklungen und Schwierigkeiten des Austauschs von Jugendlichen in der Zeit des Eisernen Vorhangs sowie nach der Wende. Offener Austausch zwischen deutschen und tschechischen Jugendlichen sowie mit Geistlichen sei damals nur „in Hinterzimmern“ und „dunkeln Kellerwohnungen“ möglich gewesen, immer mit der Angst, von staatlichen Spitzeln belauscht oder beobachtet zu werden. Nach der Wende im Ostblock habe sich die Junge Aktion sowohl der Begegnung Jugendlicher und dem Austausch über Geschichte, Kultur und Politik, als auch dem spirituellen Dialog gewidmet, weshalb sie für religiöse wie für nichtreligiöse Menschen immer offen gewesen sei. In weiteren Gesprächen wurde auch die Zukunft  des deutsch-tschechischen Dialogs und der Begegnungen sowohl auf der Ebene der Menschen als auch der der Politik diskutiert.

Wahrend der Begegnung besuchten wir immer wieder auch Veranstaltungen des Europaischen  Taize-Jugendtreffens. Es war eine bereichernde Erfahrung, junge Menschen aus so vielen verschiedenen Ländern gemeinsam diskutieren, beten, feiern und schweigen zu sehen. Die vom Prior der Taize-Kommunität Bruder Alois eingebrachten Gedanken einer „neuen […] zwischenmenschlichen Solidarität“ und einer „Erfahrung von Gemeinschaft“ haben ganz existentiell etwas mit Vertrauen zu tun. Im Rahmen des Taize-Treffens besuchten wir auch die Missionsärztlichen Schwestern in Berlin, wo wir interessante Erfahrungen sammeln konnten, konkret in der Wahrnehmung von Klangen und Stille, von Verschiedenheit, Ausdruck und Eindrucken. Eine Musikpädagogin brachte uns die Möglichkeiten von Musik mithilfe zahlreicher origineller Instrumente nahe.

Am Ende unseres Treffens feierten wir den Beginn des neuen Jahres. Und in der Tat - in unserer Begegnung hat etwas Neues begonnen: Junge Menschen haben sich auf einen gemeinsamen Weg gemacht - auf einen Weg der Verständigung, und auf einen Weg des Vertrauens.

Matthias Bellmann