DE-CZ-SK-HU Silvesterbegegnung
Sprichst du europäisch?
„Miteinander in Mitteleuropa – von der gemeinsamen
Vergangenheit in die gemeinsame Zukunft.“
Viel kann ich mir unter diesem Thema nicht vorstellen, als ich am 28. Dezember im Zug auf dem Weg
nach Budapest sitze. Ich bin unterwegs zur Silvesterbegegnung der Jungen Aktion der Ackermann-
Gemeinde. Was sich hinter diesem Namen verbirgt, weiß ich auch nicht so recht - schließlich ist es die
erste Veranstaltung der JA, an der ich teilnehme.
In der zentral gelegenen Jugendherberge angekommen, treffe ich bald darauf die anderen Teilnehmer.
Aber wie spreche ich die jetzt an? Schließlich könnten sie auch aus Tschechien kommen, und ic
h spreche kein Wort tschechisch (was schon fast peinlich ist, wenn man bedenkt, dass ich fast mein
ganzes Leben an der deutsch-tschechischen Grenze verbracht habe). Meine anfängliche Scheu ist
schnell abgelegt, als ich merke, dass hier fast jeder deutsch spricht oder von anderen Teilnehmenden
übersetzt wird. Und bei einer Tasse heißer Schokolade plaudert es sich ganz hervorragend...
Nach dem ersten gemeinsamen Abendessen startet auch schon der offizielle Teil: „Kennenlernspiele“
stehen auf dem Programm. Sosehr ich mich auch bemühe - die Namen der etwa 35 anderen Teilnehmer
verschwinden so rasch aus meinem Gedächtnis, wie Wasser durch ein Sieb läuft. Hätte mir zu diesem
Zeitpunkt jemand gesagt, dass ich am Ende der Silvesterbegegnung fast jeden hier beim Namen
kennen werde, hätte ich denjenigen wohl ausgelacht.
Aber so wie sich mein Gehirn nach und nach mit Namen füllt, so füllt sich auch das Thema „Miteinander
in Mitteleuropa“ immer mehr mit Inhalt. Im Rahmen von Vorträgen erfahren wir mehr über die
Minderheit der Ungarndeutschen hier in Budapest, wir hören von „Fake News“ in den slowakischen
Medien und diskutieren in Kleingruppen über aktuelle gesellschaftliche Probleme, die jedes unserer
Heimatländer betreffen: wie kann die Brücke zwischen arm und reich überwunden werden? Und schafft
man es, dass verschiedene Generationen gemeinsam an einem Strang ziehen?
Eines der Programmhighlights war mit Sicherheit das „Model European Parliament“, bei dem wir selbst
in die Rolle von Europaabgeordneten schlüpfen und unser eigenes (nicht immer ganz ernst gemeintes)
Parteiprogramm entwickeln konnten. Und so überrascht es nicht, dass das versammelte „Parlament“
am Ende der Sitzung ein umfangreiches Programm zur Miteinbeziehung von Mondstein in die
europäische Wirtschaft beschlossen hat… aber eben auch die Erweiterung des Erasmus-Programms
auf Senioren. Dieser lehrreiche und interessante Blick hinter die Kulissen der europäischen Politik hat
bei vielen von uns zu der Erkenntnis geführt, dass politische Arbeit mitunter ganz schön kompliziert
sein kann.
Außerdem hatten wir trotz des straffen Zeitplans zum Glück mehrfach Gelegenheit, die Stadt mit ihren
imposanten Plätzen und schönen historischen Häusern zu erkunden. Einen willkommenen Gegenpol
zum betriebsamen Budapest stellten die morgendliche Statio im Jesuitenkolleg und auch ein
gemeinsamer Gottesdienstbesuch dar, bei dem uns die deutsche katholische Gemeinde in Budapest
mit großer Gastfreundschaft empfangen hat.
Mit dem neuen Jahr vor der Haustüre widmeten wir uns am 31. Dezember der Vorbereitung der immer
näher rückenden Silvesterfeier, indem wir wahlweise die Partydekoration bastelten oder unsere
Tanzkenntnisse auffrischten. Der Abend selbst war dann geprägt von ausgelassener Stimmung, einem
leckeren Buffet, viel Tanz und natürlich dem Gläserklirren um 24:00 Uhr, umgeben von den zahllosen
Feuerwerken Budapests.
Umso schwerer fiel uns allen der Abschied am nächsten Morgen. Dabei bemerkte ich plötzlich, dass ich
mittlerweile fast alle Namen kannte. Und mir unter dem Thema „Gemeinsam in Mitteleuropa“ deutlich
mehr vorstellen konnte, als das noch vor wenigen Tagen der Fall war. Und dass es vielleicht gar nicht
darauf ankommt, fließend tschechisch sprechen zu können – denn schließlich sprechen wir alle
europäisch.
Theresa List
Galerie: